Das „WIR“-Projekt war im Herbst 2019 auf unterschiedlichen Treffen präsent, um das Anliegen und die Methoden kultureller Bildung im speziellen Segment „ländliche Räume“ zu thematisieren, um Neues zu lernen und sich auszutauschen – auch über Ländergrenzen hinaus.
In der Altmark und in Magdeburg gab es im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung „Manche waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand während des Holocaust“ Aktivitäten und beim internationalen Fachkräfte- und Jugendaustausch „Beyond the Tatar Tower“ wurden Themen behandelt wie Landflucht, demographischer Wandel und Jugendkulturen in den ländlichen Räumen Tatarstans und Sachsen-Anhalts1.
Im thüringischen Weimar fand im Jugend- und Kulturzentrum „mon ami“ nun am 5. November der Fachtag „Bildung mit Courage / Impulse für Demokratie“ statt. Ausgerichtet wurde der Fachtag von einem Bündnis bestehend aus dem Projekt „Thüringen19_19“ beim Förderverein Demokratisch Handeln e.V., dem thadine (Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk) und dem Projekt „PARTHNER“ vom Heimatbund Thüringen e.V. In Foren, Vorträgen, Workshops und einem Podium wurden angesichts von erstarkendem Nationalismus und Rassismus in Deutschland, insbesondere auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt, Methoden, Werkzeuge, Wirkungen und Möglichkeiten politisch-historische sowie kultureller Bildung debattiert.
Das „WIR“-Projekt Sachsen-Anhalt war eingeladen worden zusammen mit den Aktiven aus dem Projekt „Dehnungsfuge“ über die Kultur- und Bildungsaktivitäten in der Altmark, in Mansfeld-Südharz, Mecklenburg und Brandenburg zu berichten. Die Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e.V. / .lkj) setzt sich seit über 25 Jahren in den ländlichen Räumen ein gegen Landflucht, für Chancen auf Teilhabe und Lust auf Landleben durch kulturelle Erfolgserlebnisse. So war ein reicher Fundus vorhanden der neben den immensen Erfahrungsschätzen aus „WIR“ und „Dehnungsfuge“ ebenfalls in den Austausch mit einflossen.
Sowohl Anzahl, Ausdauer, Expertise und Diversität der angereisten Tagungsteilnehmer*innen spiegelten die aktuelle oder besser noch akute Relevanz der Tagungsinhalte wider: Thematisiert wurden das offene Agieren gegen Träger demokratischer Bildung, Möglichkeiten von Förderung, Solidarität und Vernetzung. Konkret betreffend Projekte kulturell-politischer Bildung in ländlichen Räumen wie der Altmark wurden unter anderem Probleme des Öffentlichen Nahverkehrs diskutiert, die Fluktuation in Projekten bedingt durch Änderungen beim Aufenthaltsstatus von minderjährigen Geflüchteten, durch oftmals völlige Überlastung der Schulen selbst bei voll durchfinanzierten Projekten. Bezüglich der derzeitigen Förderkultur (z.B. im Programm „Demokratie leben“) wurde herausgestellt, dass Personalmangel, veraltete Technik, zu große Klassen und marode Infrastruktur auch im außerschulischen Bereich Frust erzeugen und mit Projektarbeit nur peripher aufzufangen sind. Auch diese Faktoren seien mit ursächlich für Demokratieverdrossenheit und Angriffe auf couragierte Demokratiebildung. Gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen wäre ein Mehr an Fördermöglichkeiten für politische und kulturelle Bildung nötig. Dem entsprechend wurde auf der Tagung neben Lehrmaterialien, Ideen, Links und Erfahrungsschätzen auch die „Weimarer Erklärung für Demokratische Bildungsarbeit“ vorgestellt.
Ein großer Dank geht an die emsigen Veranstalter*innen von „Thüringen 19_19“, dem Heimatbund Thüringen und „thadine“.
1 Dazu entsteht ein Filmdokumentation und ein gesonderter WIR-Blogbeitrag demnächst hier.